Montag, 13. Dezember 2010
Embedded Journalism
Truppenbesuche sind seitdem Feldherren nicht mehr selbst im Feuer der Schlacht stehen, nichts ungewöhnliches. Besonders vor Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern zeigen sich Oberbefehlshaber gerne an der Front, bei den eigenen Soldaten, machen sich ein Bild der Lage vor Ort und versuchen die Moral der Truppe zu heben. Das war bei Kaiser Wilhelm so und das hat sich bis heute nicht geändert.
Derzeit setzt Verteidigungsminister zu Guttenberg diese Tradition fort. Nur dass er diesmal nicht allein zu seinen Soldaten reist, sondern seine Frau, sowie einen Talkshowmoderator mit sich führt und aus Afghanistan eine Talkshow senden will.

Die USA hatten im Irakkrieg Journalisten, die mit der Truppe ins Gefecht zogen und direkt von der Front berichteten. Wir führen aber in Afghanistan keinen Krieg und selbst wenn, hätten wir keine Front (asymetrische Bedrohung). Also muss in diesem Fall ein neues Konzept her. Diesmal wird der Journalist in die Politik embedded, um aus der Sicht der Regierung zu berichten und nicht aus Sicht der Soldaten.
Das ist warscheinlich auch sinnvoll wenn man bedenkt, dass die Sicht der Soldaten nicht die beste sein dürfte!
Seit Beginn des Einsatzes vor über neun Jahren hat sich die Lage in Afghanistan nur wenig gebessert, in letzter Zeit häufen sich zudem die Anzeichen, dass sie sich die Lage eher verschlechtern wird. Der Ruf der Soldaten bei der Bevölkerung wird schlechter, Anschläge häufen sich und bis jetzt ist kein Anzeichen für eine schlüssige Exit-Strategie zu finden. Ob es gerade in dieser Lage klug ist, einen offensichtlichen PR-Besuch zu machen, auf dem man mit seiner Ehefrau reist, die gerade mit der von ihr geleiteten Kinderhilfsorganisation (innocence in danger) in der Kritik steht und eine Talkshow aus Afghanistan zu senden, muss sich der Minister fragen lassen. In der aktuellen Lage wäre es vielleicht besser gewesen, einen vergleichsweise stillen Besuch mit wenig Presse zu machen und sich eben nicht vorwerfen zu lassen, dass Soldaten, die ohne klares Mandat und ohne klare Perspektive diesen - in der Bevölkerung umstrittenen - Einsatz fahren, zu PR-Zwecken instrumentalisiert werden.
Ich persönlich halte das Verhalten für taktisch unklug und zu diesem Zeitpunkt schlecht gewählt. Aber so ist embedded journalism nun mal, auf PR ausgelegt und auch schlechte Presse bringt Öffentlichkeit! Diese scheint dem Minister derzeit wichtiger als seriöse Arbeit!

P.S.: Ich halte Guttenberg für einen soliden Verteidigungsminister, er sollte sein Bild nicht durch so durchsichtige Aktionen verschlechtern.

Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/guttenberg482.html Stand: 12.12.2010

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